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Warum Ölpastelle so viel Spaß machen, wie man eine Paprika modelliert, was die Farben kosten und was Pablo Picasso damit zu tun hat.

Ölpastelle

Ölpastelle, auch Ölkreiden genannt, sind ein geniales Medium: leicht zu verarbeiten, vielseitig und praktisch. Mit Ölpastellen in guter Qualität (davon später mehr) macht das Zeichnen viel Spaß, auch weil man nicht an bestimmte Papiersorten gebunden ist – und schon gar nicht an einen bestimmten Stil. Also können Sie getrost so robust und künstlerisch frei ans Werk gehen wie Franz-Josef Bettag in seinen fulminanten Tierporträts. Oder Sie haben, so wie ich, mehr Freude an der Feinarbeit, beispielsweise an einem appetitlichen Stillleben. Beides zeigen wir Ihnen in der aktuellen Ausgabe (Nr. 74). 

Was mir persönlich gut gefällt: Nicht nur die Hand bleibt einigermaßen sauber, sondern auch der Zeichentisch. Zum Verwischen nimmt man einfach den Papierwischer. Im Gegensatz zu Pastellkreide haftet die Farbe gut auf dem Papier, das Bild muss also nicht fixiert werden.

Die Abbildung zeigt eine weiße Schale mit zwei Birnen darin vor einem gelben Hintergrund.
Mögen Sie Birnen? Die Zeichenschritte und Techniken vom Grundieren bis zum Verwischen sind mehr oder weniger die gleichen wie bei den Orangen und Zitronen im Heft.

Freude machen aber auch kleinere Studien. Die Paprika kennen Sie ebenfalls aus der Zeitschrift. Dort habe ich das Modell in drei Techniken ausgearbeitet: mit Bleistift, mit Farbstift und dann auch mit Aquarellfarben. Hier zum Vergleich die Paprika mit Ölpastellen. 

Wie Sie sehen, brauchen Sie dafür eigentlich nur Ölpastellstifte in Schwarz, Weiß und Grün, einen Fineliner für die Konturen und dann den Papierwischer. Dieser sorgt für feine Farbübergänge in Licht und Schatten sorgt bringt die Paprika in Form.

Kontur – Die Konturen mit dem schwarzen Fineliner auf grau-grünem Zeichenpapier.

Grundierung – Die Paprika wird weiß grundiert, damit das Grün später reiner zur Geltung kommt.

Verdichten – Mit dem Papierwischer verwischen und verdichten Sie die Schraffuren.
Farbe – Färben Sie die Paprika einheitlich grün ein: Farbe auftragen und mit dem Papierwischer verschmelzen.
Gestalt – Die schwarzen Schraffuren in den Vertiefungen bringen die Paprika in plastische Form.
Schatten – Glätten Sie die Schatten mit dem Papierwischer. Die im Licht liegenden Bereiche erhöhen Sie mit weißen, sanft verwischten Glanzlichtern. Die Konturen ziehen Sie schwarz nach. Fertig? Vielleicht.
Hintergrund – Oder Sie gehen ein paar Schritte weiter und kontrastieren die grüne Paprika mit einem farbsatten Hintergrund: hier zum Beispiel mit weich verwischten Tönen, die zwischen Orange, Magenta und Violett changieren.

Preisgünstigen Ölpastelle für Kinder und Schule beispielsweise von Jaxon gibt es im Set mit 48 Farben schon um 25 Euro. Doch das sind eher Wachsmalkreiden der harten Sorte mit vielen Füllstoffen und wenig Farbkraft.

Mehr Freude haben Sie mit Ölpastellen in Künstlerqualität, die allerdings ihren Preis hat. Die bekanntesten Spitzenmarken sind die Oil Pastels von Sennelier sowie Neopastel von Caran d’Arche. Bei Sennelier kostet ein Set mit 48 Tönen um die 100 Euro, bei Caran d’Arche etwa 150 Euro. Für den Anfang lohnt sich auch ein kleines Set mit halben Stiften zum halben Preis.

Ich selbst verwende seit vielen Jahren die angenehm geschmeidigen und farbstarken Neopastel-Sticks. Dann aber machte mich mein Kollege Franz-Josef Bettag auf die Ölpastelle des koreanischen Herstellers Mungyo aufmerksam. Anders als bei uns ist diese Marke bei asiatischen und amerikanischen Künstlern sehr populär. Auch mich haben die weichen, hochpigmentierten Sticks schnell überzeugt; die Ergebnisse sehen Sie oben im Stillleben und in der Paprika-Studie. Die Farben lassen sich wunderbar mit dem Papierwischer verblenden und – auf entsprechendem Papier – sogar radieren. Überzeugend ist auch der Preis mit etwa 45 Euro für das 48-er Set.

Leider sind die Mungyo Künstler-Ölpastelle weder bei Boesner und Gerstaecker oder anderen Online-Fachhändlern erhältlich; da hilft Amazon. Allerdings kommt die Ware aus den USA oder UK, was knapp zwei Wochen dauert. Und die Sticks lassen sich nicht einzeln nachkaufen; häufig verwendete Töne wie das Weiß sind schnell zu Ende. In solchen Fällen kann man einzelne Sticks aus dem Programm von Caran d’Arche oder Sennelier kaufen, die sich problemlos gemeinsam mit den koranischen Ölkreiden verwenden lassen.

Wichtig: Mungyo-Ölpastelle gibt es in zwei Qualitäten. Die billigen Schulfarben heißen schlicht Mungyo Oil Pastels, die empfehlenswerten Künstlerfarben Gallery Artist’ Soft Oil Pastels.

Ölstifte statt Ölpinsel?

Das hat schon die impressionistischen Künstler im späten 19. Jahrhundert interessiert: Sie wollten die Charakteristik von Ölfarben nutzen, ohne den mit der Ölmalerei verbundenen Aufwand zu treiben. Denn nun zog es die Maler hinaus in die Natur, um ihre Impressionen in der frischen Luft (französisch „plein air“) flink und direkt festzuhalten.

Pastellkreiden gab es schon lange, und auch die Künstler der neuen Generation wie Édouard Manet und Claude Monet nutzen sie für Naturstudien und Landschaftsbilder. Doch die Nachteile lagen auf der Hand: Der kreidige Farbauftrag haftete nur schwach, konnte ungewollt verwischt werden und die damaligen Fixiermittel – in der Regel Spiritus mit Schellack – veränderten die optische Wirkung.

Dagegen sollte es helfen, die Pigmente nicht mit kreidigen, sondern mit öligen, harzigen und wachsartigen Substanzen zu binden und in feste Form zu pressen. In Deutschland meldete ein G. W. Sueßner seine „Ölfarbenstifte“ unter dem Markennamen Creta Polycolor zum Patent an und gründete eine Vermarktungsfirma. Die Idee war gut, doch das Produkt enttäuschte. Die damaligen Bindemittel schwächten die Farbkraft und die Töne ließen sich nicht unverfälscht zu Papier bringen. Erhalten blieb nur die Marke Creta Polycolor; heute produziert Staedtler seine Farbstifte noch unter diesem Namen.

Mehr Erfolg hatte der französische Maler Jean-François Raffaëlli (1850-1924), der seine Ölmalstifte aus Pigmenten, Öl, Talg und Kakaobutter herstellen ließ. Schon der junge, noch unbekannte Pablo Picasso experimentierte eifrig mit diesen Raffaëlli-Stiften, die jedoch bald aus der Mode kamen. Erst kurz nach dem Zweiten Weltkrieg tauchten Ölpastelle wieder auf, nun schon in heutiger Qualität. Angeblich war der mittlerweile 70-jährige und weltberühmte Picasso mit den Raffaëlli-Ölmalstiften nicht mehr zufrieden. 1949 bat er seinen Malerfreund Henri Goetz, beim Farbenfabrikanten Henri Sennelier vorstellig zu werden: Man möge doch bessere Stifte produzieren. Worauf Sennelier, so die Firmengeschichte, die modernen Ölpastelle entwickeln ließ. Andere Hersteller wie Caran d’Ache taten es ihm nach. Und so konnte sich dieses wunderbare Medium neben den Pastell­kreiden seinen verdienten Platz auch in der Hobbykunst erobern – Picasso sei Dank!

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Krasse Kontraste in Schwarz auf Weiß, und dennoch voller Poesie: Rosenblüte mit Fineliner und Brushpen. Mehr dazu auf S. 40 in der Ausgabe Nr. 73.
Warum Ölpastelle so viel Spaß machen, wie man eine Paprika modelliert, was die Farben kosten und was Pablo Picasso damit zu tun hat.
In der Natur sind Schatten nie neutral grau oder schwarz – und sollten es auch in Bildern nicht sein. Auch graue Farbstifte sind nicht ganz farblos. Es gibt sie in kalten, schattigen Grautönen mit einem Hauch Blau sowie in einem warmen, leicht gelblichen Grau.
Sechs gute Gründe, warum Sie Ihr Motiv skizzieren sollten, selbst wenn Sie ein Foto vor sich haben. Und vier Tipps, damit Ihnen das auch Spaß macht.
Wer viel und gerne zeichnet und deshalb mit offenen Augen durch die Welt geht, findet überall interessante Bildideen. Mit dem Smartphone lassen sich solche Motive nicht nur bequem festhalten. Die digitalen Helfer entpuppen sich auch als tüchtige künstlerische Assistenten.     
Wenn Sie eine Bildidee im Kopf, den Stift in der Hand und ein leeres weißes Blatt vor sich haben: Vielleicht verdient – oder braucht – das Motiv zunächst einen Farbgrund? Mit diesem spannenden Thema befassen wir uns auch in der nächsten Ausgabe von „Freude am Zeichnen & Malen“. Hier ein kleiner Überblick.
Neun gute Gründe, warum wir (mehr) zeichnen sollten
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