Liebe Kreative – wenn Sie eine Bildidee im Kopf, den Stift in der Hand und ein leeres weißes Blatt vor sich haben: Vielleicht verdient – oder braucht – das Motiv zunächst einen Farbgrund? Mit diesem spannenden Thema befassen wir uns auch in der nächsten Ausgabe von „Freude am Zeichnen & Malen“. Hier ein kleiner Überblick. Porträt einer Antilope: erst alles mit Aquarellfarben flüssig grundieren, danach mit Farbstiften zeichnen. Im nächsten Heft (Nr. 73) zeigt Ihnen Hanne Türk Schritt für Schritt, wie gut und einfach das funktioniert. Grundieren und untermalen: Einfache Techniken für tolle Effekte Eine gute Vorzeichnung ist fast immer der erste Schritt zum Bild, die Grundierung in vielen Fällen der zweite: Anstatt auf weißem Untergrund zeichnen oder malen Sie auf einer vorbereiteten Farbfläche. Den zweiten Schritt, das Tönen des Blattes, können Sie bei einem gekauften Farbpapier glatt überspringen. Doch für manche Stile und Techniken lohnt sich eine eigenhändige und gezielte Grundierung. Beide Varianten bringen nicht nur eine besondere Farbstimmung ins Bild bringen, sondern verhelfen Ihnen auf einfache Weise zu interessanten Effekten. Wie, warum und mit welchen Mitteln Sie auch als Anfänger die klassischen Techniken des Grundierens nutzen können und sollten: Hier ein Überblick. Farbiges Papier Fertig getöntes Zeichenpapier gibt es in vielen Farben sowie in Abstufungen zwischen Hellgrau und Schwarz. Das ist nicht nur praktisch, sondern hat noch weitere Vorteile. Man kann sofort vorzeichnen und weitermachen – das Bild hat schon seine erste Farbe. Anders als auf weißem Papier können Sie in beide Richtungen arbeiten, also sowohl dunkle wie helle Farben (und auch Weiß) auftragen. Und für manche Motive liefert der Papierton bereits den farblich passenden Hintergrund. Werden mit dem Stift oder Pinsel weitere Farben lasierend (nicht deckend) aufgetragen, scheint der Papierton durch und mischt sich sozusagen ein. Außerdem verhindert der Farbgrund, dass zwischen und unter den Strichen störendes Weiß durchblitzt, Sprenkel und Lichter erscheinen im zum Motiv passende Papierton. Getönte Papiere sind in den üblichen Stärken bis hin zum Karton erhältlich. Zu den gängigsten Sorten zählen das leicht raue Ingrespapier und das fühlbar körnige Pastellpapier. Kraftpapier (Packpapier geht auch) hat einen angenehm warmen Braunton und eine rustikal geriffelte Struktur. Dann gibt es noch die sogenannten Multi-Technik-Papiere, die sich, wenig überraschend, für fast alles eignen außer für sehr nasses Malen. Beiges Ingrespapier als Farbgrund für die Bleistiftzeichnung. Der „vergilbte“ Papierton gibt der Zeichnung einen interessanten antiken Touch. (Hanne Türk) Warum das Papier selbst tönen? Getöntes Papier ist einerseits praktisch und bietet sich für bestimmte Medien geradezu an. Andererseits ist man bei der Bildgestaltung etwas eingeschränkt – die gesamte Fläche ist gleichmäßig in einem einzigen Farbton grundiert. Mehr Spielraum haben Sie, wenn Sie die Farbgestaltung von Anfang an selbst in die Hand nehmen: nach Wunsch und Technik mit trockenen Stiften oder nassen Pinselstrichen. Grundieren mit trockenen Stiften Hier gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder Sie schraffieren das Zeichenblatt und verwischen die Striche anschließend einheitlich oder in wolkigen Verläufen. Dazu eignen am besten die weich abreibenden Medien wie Kohle, Rötel, Kreide und Pastellkreide. Oder Sie tönen die Fläche mit Farbpulver. Das empfiehlt sich für Blei- und Farbstifte. Diese hinterlassen Schraffurstriche, die sich nicht so leicht und glatt verwischen lassen. Hier hilft es, Grafit- oder Farbpulver mit Schleifpapier von der Mine abzureiben und auf dem Papier mit dem Kosmetiktuch zu verteilen. In beiden Fällen haben Sie nicht nur freie Farbwahl. Sie können schon beim Grundieren auch mehrere Farben unterschiedlich intensiv auftragen, weich miteinander verschmelzen und einzelne Bildteile unterschiedlich tönen. Zudem lässt sich die getönte Fläche stellenweise mit dem Knetgummiradierer aufhellen oder mit dem harten Radierer abtragen; mit dem Radierstift kann man richtiggehend zeichnen. Mit Farbpulver kann man weißes Papier eigenhändig tönen. Gezeichnet wird mit Farbstiften und dem Radierstift, der das Weiß wieder zum Vorschein bringt. (Hanne Türk) Untermalen mit dem Pinsel Für zarte Töne eignen sich Aquarellfarben oder auch stark verdünnte (und dann transparente) Deckfarben. Das Motiv zeichnen Sie zart mit Bleistift vor, wässern das Papier, tragen die Farbe (oder Farben) großflächig auf und lassen sie sozusagen in einem Aufwasch verschwimmen. Diese typische Aquarelltechnik heißt Lavieren, auf English „Wash“. Nach dem Trocknen malen Sie in gewohnter Manier mit lasierenden Strichen weiter. Praktischerweise bleibt die Vorzeichnung unter der Grundierung sichtbar und zeigt dem Pinsel den Weg. Das Untermalen funktioniert auch bei einzelnen Bildteilen, die Sie wiederum mit Wasser vormalen und dann gleichmäßig ausmalen; die Farbe verschwimmt nur im nassen Bereich und fließt nicht über die Konturen hinaus ins Trockene. Was allerdings nicht mehr geht: Die Untermalung lässt sich nicht mehr ausradieren, schon gar nicht eine darunter liegende Vorzeichnung. Sobald die Farbe trocken ist, können Sie darauf genauso gut zeichnen wie auf blankem Papier – vielleicht sogar besser. Denn das erst nasse, dann wieder trockene Papier ist nicht mehr ganz so glatt ist wie vorher: Farbstifte reiben besser ab. Und weil das Aquarell auch die Vertiefungen im Papier tönt, bleiben beim Schraffieren keine weißen Sprenkel zurück. Einfach und effektvoll: untermalen in verschwimmenden Aquarellfarben. Dafür muss das Papier aufgespannt werden. Genaue Anleitungen und Beispiele finden Sie in der Ausgabe Nr. 65 von Freude am Zeichnen und Malen. Hier bestellen. (Hanne Türk) Farbig auf Schwarz Schwarzes oder dunkelgraues Papier erspart Ihnen eine dunkle Untermalung und liefert schon die tiefsten Schatten, vielleicht auch den Hintergrund. Im Kontrast zur schwarzen Umgebung treten deckend aufgetragene Farben (Acryl, Deckfarben, Kreide, Pastellkreide, Ölpastell) besonders kraftvoll in Erscheinung. Speziell zum Malen mit Acrylfarben gibt es auch mit schwarzer Leinwand bespannte Keilrahmen. Fürs Aquarellieren brauchen Sie immer weißes, allenfalls hellgraues oder beigefarbenes Papier. Die transparenten Farben kommen nur auf sehr hellem Untergrund zur Wirkung. Ein dunkler Untergrund ist so sinnlos wie das von manchen Herstellern angebotene schwarze Aquarellpapier. Statt schwarzes oder dunkelgraues Papier zu nehmen, können Sie die Bildfläche auch ganz oder stellenweise untermalen; für alles Weitere brauchen Sie natürlich deckende Farben, die in zunehmend helleren Tönen aufgetragen werden – bis hin zum strahlenden Weiß. Mit dieser Methode haben schon die Alten Meister der Ölmalerei ihre phänomenalen Licht-Schatten-Effekte erzielt. Warum nicht auch wir? Der Kontrast zum schwarzen Papier erhöht die Leuchtkraft von deckenden Farben wie beispielsweise von Ölpastellen; hier ein Bildausschnitt. Mehr dazu in der nächsten Ausgabe (6. Februar). (Franz-Josef Bettag) Unsere Buchempfehlungen zum nächsten Heft: Die Flächentönung Malerische Effekte mit Kohle Kohle ist ein Klassiker der Zeichenkunst, kann aber auch erfreulich einfach mit modernen Stiften wie Marker, Brushpen & Co. kombiniert werden. In seinem Buch lädt Sie Franz-Josef Bettag zu altmeisterlichen und innovativen Techniken ein, die auch Anfänger zu sehenswerten Erfolgen führen. Malen auf dem Zufallsgrund Eine Anleitung zum Selbststudium Intuitiv statt geplant: Maya Vester zeigt Ihnen, wie Sie mit kreativen Techniken (und übrig gebliebenen Farben) tolle künstlerische Effekte erzielen können. Da macht es auch Spaß, dem Zufall auf die Sprünge zu helfen: beim spielerischen Grundieren ebenso wie danach beim Fertigstellen des Bildes. Lust auf Austausch mit Gleichgesinnten? Dann treten Sie unserer Facebook-Gruppe bei oder besuchen Sie uns auf Instagram. |