Freude am Zeichnen & Malen Ausgabe 71
Lernen, üben, können: Das stimmt zwar immer, macht aber nicht immer nur Freude. Man bemüht sich, und dennoch will einfach nichts gelingen. Das wusste schon der melancholische biblische Prediger Salomo, wenngleich nicht unbedingt mit Blick auf Stift und Pinsel: „Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde.“
In der kreativen Arbeit versinken und darin Erfüllung finden: Es gibt solche Sternstunden, in denen Form und Farbe, Idee und Handgriff auf erfreuliche Weise zusammenfinden, wo das Lernen und Üben unversehens mitschwingt. Aber leider funktioniert das nur ausnahmsweise auf Kommando; das Gelingen lässt sich nicht erzwingen.
Da hat man also eine stille Stunde freigeräumt, das Material vorbereitet, eine Bildidee im Kopf oder ein Vorbild vor sich. Und nun sträuben sich Stift und Pinsel, wandeln auf eigenen Wegen und Abwegen. Der Dackel hat seinen eigenen Willen und folgt keinem Malstrich. Das Schiff kämpft sich nicht dramatisch durch die stürmische See, sondern wackelt nur vor sich hin. Statt einer bildschönen Dahlie blüht Zweifel auf, und selbst die Zitrone macht einem das Zeichnen sauer (um bei ein paar Beispielen aus diesem Heft zu bleiben).
Warum sich darin verbeißen? Vielleicht ist es an der Zeit, mit leichter Hand zu anderen Themen zu wechseln. Ein Muster aus Blütenformen und Schraffuren wird Ihnen hier und jetzt keine Hürden in den Weg legen. Die Designs wiederholen sich und beginnen nach einer Weile, sich sozusagen selbst zu verwirklichen. Hand und Geist konzentrieren sich auf den Fluss – oder Flow – des Geschehens, das unter der leitenden Bildidee seine eigenen Wege finden darf. Diese Art von meditativer (und unterhaltsamer) Achtsamkeitsübung hat darüber hinaus die angenehme Nebenwirkung, dass man sich leichthin mit seinen Werkzeugen vertraut macht. Und dass am Ende eine dekorative Grafik steht.
Ein andermal macht es sicherlich mehr Freude, sich einer anspruchsvollen Herausforderung zu stellen. Denn jedes Ding hat seine Zeit. „Man mühe sich ab, wie man will, so hat man keinen Gewinn davon“, notierte der lebenskluge Salomo im Buch Prediger 3, Verse 1 bis 22 vor 2400 Jahren. Und dass „nichts Besseres ist, als dass ein Mensch fröhlich sei in seiner Arbeit“.
In diesem Sinne: Machen Sie es sich nicht zu schwer. Und machen Sie’s gut!