Freude am Zeichnen & Malen Ausgabe 74
Ohne Blau kein Orange, schrieb Vincent van Gogh einmal an seinen Bruder Theo. Und so, mit dem Blau nebenan, ließ er seine berühmten Orangetöne fantastisch aufflammen.
Was ihn und seine impressionistischen Kollegen im 19. Jahrhundert so begeisterte, sollte auch uns mehr als recht sein: das effektvolle Zusammenspiel von Komplementärfarben wie eben Blau und Orange.
Der Begriff kommt vom lateinischen Complementum für Erfüllung und Ergänzung. Eben das tun Farben, die sich im Farbenkreis gegenüberstehen, im Bild aber nebeneinanderliegen. Dann nehmen wir das Orange und Blau nicht einzeln wahr, sondern in der Gesamtschau. Die Farben kommen zur Fülle, sie beleben und intensivieren sich wechselseitig.
Nur vermischen sollte man sie nicht; das gibt dann ein uninteressantes Braun. Lassen Sie daher das Orange und Blau in gut nachbarschaftlicher Harmonie zur Wirkung kommen, so wie in Loes Botmans Kapuzinerkresse gleich auf den übernächsten Seiten. Erstaunlich, wie viel Kraft die orangefarbenen Blüten vor dem Blau des Himmels gewinnen.
Nicht immer jedoch bietet die Natur einen farblich passenden Hintergrund an. Dann nehmen Sie sich einfach die nötige künstlerische Freiheit. Lassen Sie sich von Franz-Josef Bettag inspirieren und setzen Sie das orange-rotbraune Eichhörnchen auf S. 24 vor ein paar kräftige hellblaue Schraffuren.
Und wenn Sie im Stillleben das Orange von Orangen betonen wollen, begleiten Sie das Motiv, wenig überraschend, mit einem blauen Krug. Ab S. 46 zeigt Ihnen Hanne Türk, wie viel Kraft und Spannung dieser einfache Kunstgriff ins stille Leben bringt.
Übrigens begann das Orange seine künstlerische Karriere als Malfarbe erst mit dem Import von Orangen nach Europa – vielleicht auch deshalb, weil man davor noch keinen Namen für diesen Farbton hatte. Mehr über die bemerkenswerte Geschichte der Orange und dem Orange erfahren Sie auf S. 44.